Was ist die Zukunft der Organisationsabteilungen?
Nicht selten hat man in diesen Tagen den Eindruck, dass es den Organisationsabteilungen ähnlich ergehen wird wie den Dinosauriern. Sie sterben aus und die Welt dreht sich trotzdem weiter.
Wie kommt es aber zu dieser düsteren Wahrnehmung? Sammeln wir zunächst ein paar Fakten:
- Prozessorganisatorisch hat sich die komplette Gestaltungsarbeit von den Sparkassen hin zur Finanz Informatik verlagert. Das hat zur Folge, dass in den Sparkassen die klassische Prozessgestaltung schlicht entfällt.
- Prozessorganisatorisch begeben sich die Sparkassen in eine Konsumentenhaltung. Die Folge ist, dass klassische Prozessoptimierung ebenfalls nicht mehr notwendig ist.
- Raumorganisatorisch verlieren Gebäude in der Wahrnehmung von Mitarbeitern und Kunden gleichermaßen an Bedeutung. Das hat zur Folge, dass die Anzahl der Gebäude deutlich gesunken ist und weiter sinken wird.
- Die IT wird zentral zur Verfügung gestellt und auch die Pflege wird zunehmend als Dienstleistung angeboten. Insofern entfallen zunehmend die klassischen Administrationsaufgaben.
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Bei längerem Nachdenken wären sicherlich noch etliche Aufgaben mit ungewisser Zukunft erkennbar.
Jetzt könnte man einwenden, dass die Organisationsabteilungen aber seit Jahren auch massiv an Arbeit dazugewinnen. Schließlich fordert die Regulatorik eine Unmenge an Zeit und Mühe. Wer würde das ernsthaft bestreiten? Gleichwohl muss die Frage erlaubt sein, ob es sich bei den regulatorischen Aufgaben tatsächlich um Organisationsaufgaben handelt, oder ob das Etikett „Organisation“ an dieser Stelle nicht schlicht ein Etikettenschwindel ist. Wenn man das so empfindet, erscheint sehr schnell wieder das Bild der Dinosaurier.
Zumal in der Praxis zu beobachten ist, dass kernorganisatorische Aufgaben häufig gar nicht durch die Organisationsabteilungen erledigt werden:
- Projektmanagement ist nicht selten im Vorstandssekretariat beheimatet.
- Aufbauorganisatorische Aspekte werden durch die Fachbereiche selbst (also von den Führungskräften) gestaltet, ohne dass Organisationsprofis gefragt und eingebunden werden.
- Auslagerungen, Kooperationen und Fusionen werden durch das Topmanagement initiiert und durch Unternehmensberatungen realisiert.
- Organisationsanalysen (Effizienzanalysen, Personalbedarfsrechnungen, klassische methodische Analysen, …) werden ebenfalls extern eingekauft und
- Obendrein überlässt man das Changemanagement den Führungskräften oder dem Zufall.
Wenn man das alles für richtig hält und von der Qualität überzeugt ist, dann wird man in Zukunft vermutlich ohne Organisationsbereiche in den Sparkassen auskommen.
Wenn man allerdings unterstellt, dass die zunehmende Technisierung zu einer massiven Veränderung der Arbeitswelt in den Sparkassen führt (sinkende manuelle Aufgabenvolumina, sinkende Auslastung von Stellen, Zusammenlegung von Stellen, Abteilungen und Bereichen) und diese auf Basis fundierter Analysen neu gestaltet werden muss, dann stellt sich zumindest die Frage, ob es clever ist, derart entscheidende Fragen von Amateuren (Führungskräfte, Fachbereiche ohne Organisationsausbildung)beantworten zu lassen. Die allermeisten Sparkassen verfügen seit Jahrzehnten über hervorragend ausgebildete Profis in den Organisationsabteilungen, denen lediglich etwas Übung fehlt und die durch unfassbar viele Ballasttätigkeiten blockiert sind.
Was benötigen die Sparkassen in den kommenden 5-10 Jahren an Organisationskompetenz?
- Der schönste Standardprozess ist nur so gut, wie der ausübende Mensch. Changemanagement und Produktivitätssteuerung durch Organisationsprofis verhelfen den Prozessen zu mehr Akzeptanz und den ausübenden Menschen zu mehr Performance.
- In der Übergangszeit zur volldigitalen Arbeitswelt müssen die Stellentypen der Sparkassen permanent angepasst und verändert werden. Das bedeutet, dass vermutlich die Spezifizierung weiter zunimmt, gleichzeitig das Aufgabenspektrum je Arbeitsplatz an Breite deutlich zulegt. Damit das ohne Produktivitätsverlust funktioniert sollten Organisationsprofis auf der Basis fundierter Analysen die Aufbauorganisation gestalten und pflegen und auf diese Weise dem Personalbereich ständig neue Anforderungsprofile für das Recruiting und die Weiterbildung liefern.
- Neue Arbeitsformen wie hybrides Arbeiten sind schon heute weit verbreitet. Aber funktioniert das auch effizient? Wie entwickelt sich dadurch eigentlich die Produktivität im vergleich zur Arbeit in den Räumen der Sparkasse? Analysen und entsprechende Optimierungen können ein Tätigkeitsfeld für die Organisationsbereiche sein.
- Als letzter Punkt soll hier eine mögliche weitere Konzentration innerhalb der S-Finanzgruppe genannt sein. Von Fusionen über Kooperationen bis hin zur strategischen Entscheidung über Auslagerung bedarf es fundierter organisatorischer Entscheidungsgrundlagen.
Zusammenfassend kann man festhalten, dass zumindest in naher Zukunft die Organisationsbereiche unbedingt benötigt werden, wenn auch in einer vollkommen anderen Rolle als in der Vergangenheit. Aspekte der strategischen und aufbauorganisatorischen Organisationsarbeit werden eine zunehmende Rolle spielen; ebenso wie das Changemanagement. Hingegen wird die Prozess- und IT-Organisation stark an Bedeutung verlieren.
Die Organisationbereiche werden den Wandel erfolgreich überleben, wenn sie es schaffen sich neu zu erfinden und sich auf längst totgesagte Kernkompetenzen (zurück)besinnen. Gleichzeitig müssen sie verhindern in regulatorischen und sonstigen Ballasttätigkeiten unterzugehen. Schaffen sie das nicht, sind wir wieder bei den Dinosauriern.
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